Ihre vier Wände

Beschlusszwang: Ohne Absprachen sind auch in einer Zweiparteien-WEG bauliche Veränderungen unzulässig

Wer eine Wohnung in einer Wohnungseigentumsanlage besitzt, gehört damit einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) an. Und wie das Wort “Gemeinschaft” eindeutig suggeriert, verplichtet Eigentum hier auch automatisch zu einer gewissen Form von Einigkeit. Dass sich daran nichts ändert, wenn die WEG lediglich aus zwei Parteien besteht, bewies der Bundesgerichtshof kürzlich in seinem Urteil im folgenden Fall.

Es ging um zwei Doppelhaushälften, die sich auf einem sich im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstück befanden. Die Eigentümer der beiden Doppelhaushälften bildeten somit eine WEG. Nach der Gemeinschaftsordnung stand jedem Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht an der jeweiligen Haushälfte und dem anschließenden Gartenteil zu. Die einen Nachbarn beabsichtigten nun den Bau eines Swimmingpools in der von ihnen genutzten Hälfte des Gartens. Nachdem sie mit dem Bau des Swimmingpools begonnen hatten, legte die Nachbarin Unterlassungsklage ein – und kam damit durch.

Ein Wohnungseigentümer, der eine in der Gemeinschaftsordnung nicht vorgesehene bauliche Veränderung vornehmen will, muss einen Gestattungsbeschluss notfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeiführen, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird.

Hinweis: Bei baulichen Veränderungen in der Wohnungseigentumsanlage ist also stets zuvor ein Beschluss der Wohnungseigentümer erforderlich. Ein einfaches “Drauflosbauen” kann böse und vor allem kostspielig enden. Das Ergebnis bedeutet im Übrigen nicht, dass der Eigentümer seinen Swimmingpool nicht bauen darf. Er muss jedoch immer zunächst einen Beschluss herbeiführen, im Zweifel über das Gericht.

Quelle: BGH, Urt. v. 17.03.2023 – V ZR 140/22

zum Thema:Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)


Neues zum Jahrhunderthochwasser: Klauseln mit unangemessener Benachteiligung sind unwirksam

Immer wieder versuchen besonders Gewerbevermieter, die Vertragsausgestaltung zu ihren Gunsten zu gewichten. Und tatsächlich sind Gewerbemieter nicht so geschützt wie die Mieter von Wohnräumen. Ob sich aber Vermieter von Gewerbeflächen einen so weiten Spielraum einräumen dürfen, ihren Mietern selbst bei bei höherer Gewalt wie dem Jahrhunderthochwasser das Kündigungsrecht zu versagen und ihnen lediglich die Mietzahlung zu erlassen, musste das Landgericht Hagen (LG) klären.

Es ging um einen Ladenmietvertrag in einem Einkaufszentrum. Dieser enthielt eine Klausel, wonach das Mietverhältnis in Fällen höherer Gewalt nicht erlischt, sondern lediglich die Pflicht der Mieterin zur Zahlung der Miete endet. Zudem war eine Kündigungsmöglichkeit nur dem Vermieter vorbehalten. Dann kam das Hochwasser vom 14.07.2021. Nachdem die Räumlichkeiten elf Monate nicht zur Verfügung gestanden hatten und eine Wiedereröffnung nicht absehbar war, kündigte die Mieterin den Mietvertrag im Juni 2022. Als die Vermieterin das nicht akzeptierte, klagte die Mieterin auf Feststellung, dass kein Mietverhältnis mehr bestehe.

Mit ihrer Klage lag die Mieterin nach Ansicht des LG richtig. Eine Klausel in einem Gewerbemietvertrag, wonach das Mietverhältnis bei höherer Gewalt nicht erlischt, sondern lediglich die Pflicht der Mieterin zur Zahlung der Miete endet, ist unwirksam. Die gewerbliche Mieterin war allein durch den Entfall der Mietzahlung nicht hinreichend geschützt, da allein mit der Ersparnis der Miete die Unternehmerin keinen Gewinn erzielen konnte. Dies könne allein durch die Geschäftstätigkeit ermöglicht werden. Wäre sie weiterhin an den Vertrag gebunden, könnte sie nur über das Risiko doppelter Vertragsbindung durch einen weiteren Mietvertrag erreichen, auf dem Markt weiter sichtbar zu bleiben. Das erschien jedoch dem Gericht unangemessen.

Hinweis: Mieter von Gewerberäumen haben bei höherer Gewalt also tatsächlich ein Recht zur fristlosen Kündigung. Das kann auch nicht durch das Kleingedruckte im Mietvertrag ausgeschlossen werden.

Quelle: LG Hagen, Urt. v. 08.02.2023 – 23 O 36/22

zum Thema:Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)


Ungeschickte Verwalterwahl: Eigentümerversammlung sollte an möglichst neutralen Orten stattfinden

Regelmäßige Eigentümerversammlungen sind vorgeschrieben, wo diese stattzufinden haben, aber nicht. Dass sie vom Verwalter besser auf einigermaßen neutralem Ort ausgestaltet werden sollten, zeigt der folgende Fall. Denn das Landgericht Frankfurt am Main (LG) musste bewerten, ob Beschlüsse rechtmäßig getroffen wurden, wenn eine der Eigentümerparteien sich mit dem anberaumten Versammlungsort nicht hat arrangieren können und daher fernblieb. Ob starrsinnig oder nachvollziehbar – lesen Sie selbst.

An der Eigentümerversammlung sollten eigentlich drei Personen teilnehmen: der Verwalter und die beiden (untereinander zerstrittenen) Eigentümerinnen. Als Versammlungsort wählte der Verwalter ausgerechnet die Terrasse der einen Eigentümerin. Diese Terrasse lag zwar auf Gemeinschaftseigentum, wurde faktisch jedoch nur von der einen Eigentümerin genutzt. Deshalb war auch nur die Nutzerin der Terrasse da, die andere Eigentümerin blieb der Versammlung fern. Trotzdem wurden auf der Eigentümerversammlung Beschlüsse gefasst. Dagegen wehrte sich die andere Eigentümerin, die an der Versammlung nicht teilgenommen hatte. Sie meinte, der Versammlungsort sei für sie unzumutbar gewesen. Und damit lag sie richtig.

Auch laut LG ist die Teilnahme an einer Eigentümerversammlung auf der Terrasse einer Miteigentümerin, mit der die andere Eigentümerin seit Jahren im Streit liegt, auch dann unzumutbar, wenn die Terrasse zwar im Gemeinschaftseigentum liegt, aber faktisch alleine von der Miteigentümerin genutzt wird. Deshalb waren sämtliche auf dieser Versammlung gefassten Beschlüsse unwirksam.

Hinweis: Kein Verwalter sollte Orte für Eigentümerversammlungen wie in diesem Fall wählen. Denn wie man sieht, macht das Entscheidungen nur angreifbar.

Quelle: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 02.02.2023 – 2-13 S 80/22

zum Thema:Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)


Verbotene Eigenmacht: Gewaltsamer Zutritt des Vermieters zieht Schadensersatzforderungen nach sich

Der folgende Fall zeigt wieder einmal hervorragend, wie schnell man als Vermieter falsch liegen kann, wenn es ums eigene Recht geht. Dass hier das konsequente Hinzuziehen eines Mietrechtsanwalts anzuraten gewesen wäre, beweist auch das eindeutige Urteil, das vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) gesprochen wurde.

Es ging um ein bebautes Gewerbegrundstück. Der spätere Mieter wollte das Grundstück eigentlich kaufen, doch schließlich einigten sich Interessent und Vermieterin auf einen vorgeschalteten, noch abzuschließenden Mietvertrag für die Dauer von zwei Jahren. Zu einem Verkauf oder zu einem Abschluss des Mietvertrags kam es aber nicht mehr – wohl aber zu einer Übergabe an den Mieter. Mietzahlungen erbrachte dieser jedoch nur in geringem Umfang; er wies darauf hin, dass sich in dem sich auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäude ein umfangreicher Schwarzschimmelbefall gezeigt habe. Schließlich kündigte die Vermieterin, und die Parteien einigten sich im Gerichtsprozess darauf, dass der Mieter das Grundstück räumen sollte. Hinsichtlich des ebenfalls streitigen Zahlungsanspruchs beantragten beide Parteien, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Noch vor dem in dem Vergleich vereinbarten Räumungstermin verschaffte sich die Vermieterin jedoch gewaltsam Zutritt zum Wohnhaus, verwies den Mieter des Grundstücks und tauschte die Schlösser aus. Später wurde das Grundstück an einen Dritten verkauft. Schließlich nahm der Mieter die Vermieterin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von knapp 230.000 EUR in Anspruch. Es ging um Gegenstände, die die Vermieterin rechtswidrig erlangt und abschließend entweder entsorgt oder verkauft habe.

Zwar wurde die Angelegenheit bezüglich der Schadenshöhe an die Vorinstanz zurückverwiesen – dass allerdings ein Anspruch grundsätzlich besteht, hat das OLG hier bereits eindeutig klargemacht. Die Vermieterin ist zum Schadensersatz verpflichtet, da sie vorsätzlich mit verbotener Eigenmacht gehandelt hatte. Das schließt im Übrigen auch die Aufrechnung mit eigenen Schadensersatzansprüchen der Vermieterin aus. Da kein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen war, gab es insbesondere auch kein Vermieterpfandrecht der Vermieterin. Außerdem hatte sich die Vermieterin selbst schadensersatzpflichtig gemacht, da sie zu Unrecht zurückgehaltene Sachen des Mieters im Anschluss an die Inbesitznahme veräußert oder entsorgt hatte.

Hinweis: Die Zwangsräumung ist Aufgabe des Gerichtsvollziehers. Vermieter sollten nicht alleine das Recht in die Hand nehmen. Denn das ist nicht nur verboten, sondern häufig auch strafbar.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 21.12.2022 – 11 U 119/21

zum Thema:Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)


Verbotene Eigenmacht: Gewaltsamer Zutritt des Vermieters zieht Schadensersatzforderungen nach sich

Der folgende Fall zeigt wieder einmal hervorragend, wie schnell man als Vermieter falsch liegen kann, wenn es ums eigene Recht geht. Dass hier das konsequente Hinzuziehen eines Mietrechtsanwalts anzuraten gewesen wäre, beweist auch das eindeutige Urteil, das vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) gesprochen wurde.

Es ging um ein bebautes Gewerbegrundstück. Der spätere Mieter wollte das Grundstück eigentlich kaufen, doch schließlich einigten sich Interessent und Vermieterin auf einen vorgeschalteten, noch abzuschließenden Mietvertrag für die Dauer von zwei Jahren. Zu einem Verkauf oder zu einem Abschluss des Mietvertrags kam es aber nicht mehr – wohl aber zu einer Übergabe an den Mieter. Mietzahlungen erbrachte dieser jedoch nur in geringem Umfang; er wies darauf hin, dass sich in dem sich auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäude ein umfangreicher Schwarzschimmelbefall gezeigt habe. Schließlich kündigte die Vermieterin, und die Parteien einigten sich im Gerichtsprozess darauf, dass der Mieter das Grundstück räumen sollte. Hinsichtlich des ebenfalls streitigen Zahlungsanspruchs beantragten beide Parteien, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Noch vor dem in dem Vergleich vereinbarten Räumungstermin verschaffte sich die Vermieterin jedoch gewaltsam Zutritt zum Wohnhaus, verwies den Mieter des Grundstücks und tauschte die Schlösser aus. Später wurde das Grundstück an einen Dritten verkauft. Schließlich nahm der Mieter die Vermieterin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von knapp 230.000 EUR in Anspruch. Es ging um Gegenstände, die die Vermieterin rechtswidrig erlangt und abschließend entweder entsorgt oder verkauft habe.

Zwar wurde die Angelegenheit bezüglich der Schadenshöhe an die Vorinstanz zurückverwiesen – dass allerdings ein Anspruch grundsätzlich besteht, hat das OLG hier bereits eindeutig klargemacht. Die Vermieterin ist zum Schadensersatz verpflichtet, da sie vorsätzlich mit verbotener Eigenmacht gehandelt hatte. Das schließt im Übrigen auch die Aufrechnung mit eigenen Schadensersatzansprüchen der Vermieterin aus. Da kein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen war, gab es insbesondere auch kein Vermieterpfandrecht der Vermieterin. Außerdem hatte sich die Vermieterin selbst schadensersatzpflichtig gemacht, da sie zu Unrecht zurückgehaltene Sachen des Mieters im Anschluss an die Inbesitznahme veräußert oder entsorgt hatte.

Hinweis: Die Zwangsräumung ist Aufgabe des Gerichtsvollziehers. Vermieter sollten nicht alleine das Recht in die Hand nehmen. Denn das ist nicht nur verboten, sondern häufig auch strafbar.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 21.12.2022 – 11 U 119/21

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(aus: Ausgabe 06/2023)